Der europäische Logistikmarkt verändert sich rapide: Der Internethandel boomt, die Umgestaltung von Lieferketten ist in vollem Gange und die Wirtschaft wächst. Um die voraussichtlichen Auswirkungen dieser Entwicklungen auf den Immobilienmarkt zu verstehen, haben Prologis Research und Eyefortransport (eft) eine europaweite Umfrage unter Nutzern von Logistikimmobilien durchgeführt. Gefragt wurde, welche Kriterien aktuell und in der Zukunft für die Standortwahl entscheidend sind. Die Umfrage wurde zwischen Februar und Mai 2017 unter 280 Befragten aus unterschiedlichen Bereichen vom Einzelhandel über die Automobilbranche bis hin zur Elektroindustrie durchgeführt. Durch den Abgleich mit Daten aus früheren Umfragen von 2013 und 2015 konnten wir nachvollziehen, wie sich die Kriterien für die Auswahl von Logistikstandorten in diesem Zeitraum entwickelt und verändert haben.
Weitere Konsolidierung für die kommenden fünf Jahre erwartet
Auch wenn das anhaltende Wachstum des E-Commerce für eine Dezentralisierung spricht, weisen die meisten aktuellen Trends darauf hin, dass sich die Logistikbranche in Richtung Konsolidierung entwickeln wird.
Auf Grundlage von 13 Trends, die im Laufe der kommenden fünf Jahre wahrscheinlich zu Veränderungen führen werden, haben wir die Teilnehmer befragt, welche Faktoren die Konsolidierung und welche die Dezentralisierung ihrer Distributionsnetzwerke zur Folge haben würden.
Das Wachstum des E-Commerce – und die damit einhergehende Ausbreitung regionaler Fulfillment-Zentren und lokaler Zustellbasen – wurde über alle Branchen hinweg als einziger Faktor für die Dezentralisierung gesehen.
Laut den Umfrageergebnissen rechnet man damit, dass sich der Trend zur Konsolidierung beschleunigen wird, wenn Entwicklungen wie Nachhaltigkeit und technologische Innovation weiter an Fahrt aufnehmen. Teilnehmer aus den Bereichen Elektronik, Verbrauchsgüter und Bekleidung halten Nachhaltigkeit für einen einflussreichen Faktor. Hingegen sind Vertreter der Bekleidungsbranche und der Pharmaindustrie der Ansicht, dass technologische Innovation und Robotik ebenfalls einen starken Einfluss auf den Konsolidierungstrend haben.
Sinkende Arbeitslosenzahlen, der demographische Wandel und die steigende Nachfrage nach Logistikpersonal beeinflussen die Standortwahl kurz- und langfristig. Die hohe Wichtigkeit der Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte zieht sich wie ein roter Faden durch die Umfrage von 2017. Befragte gaben den Bedarf an Fachkräften als weiteren Grund für die Konsolidierung an. Da die Verfügbarkeit von Personal voraussichtlich zu den wichtigsten Faktoren für die Standortwahl in den kommenden fünf Jahren zählt, wird Personalmangel ein noch stärkeres Argument für die künftige Konsolidierung darstellen.
Mit Blick in die Zukunft befasst sich unsere nächste Frage mit der Gesamtentwicklung im Bereich der Logistikimmobilien. Wie werden Distributionsnetzwerke in fünf Jahren aussehen?
Strukturelle Veränderungen prägen Standortstrategien
Langfristige strukturelle Veränderungen werden in den kommenden fünf Jahren voraussichtlich einen größeren Einfluss auf die Standortwahl haben als kurzfristige zyklische Faktoren.
Der europäische Logistikmarkt entwickelt sich rasant. Langfristige Trends wie das anhaltende E-Commerce-Wachstum und Outsourcing werden sich voraussichtlich stärker auf künftige Standortentscheidungen auswirken als kurzfristige zyklische Faktoren wie zum Beispiel ein geringer Konsum.
Online-Shopping gibt es bereits seit über zwei Jahrzehnten, und das e-Fulfillment spielt seit mindestens fünf Jahren eine entscheidende Rolle in der Logistikbranche. E-Commerce befindet sich noch immer in den Frühphasen seines Wachstumszyklus und ist als Branche bereits ein intensiver Nutzer von Logistikimmobilien. Folglich wird die Zunahme des Online-Handels zu einer höheren Nachfrage nach geeigneten Objekten führen. Auch die Teilnehmer der aktuellen Umfrage erkennen das Potenzial von E-Commerce und bewerten sein Wachstum dementsprechend als wichtigsten Faktor für Veränderungen in den nächsten fünf Jahren. Zum ersten Mal steht die fortlaufende Entwicklung des Online-Handels somit an der Spitze des Rankings, nachdem sie in den früheren Umfragen auf Rang 6 (2013) und auf Rang 5 (2015) gelegen hatte. Verbraucherorientierte Sparten wie die Elektronik-, Verbrauchsgüter- und Haushaltswarenbranche rechnen dem Wachstum des E-Commerce besonders hohe Bedeutung zu.
Angesichts des demographischen Wandels und der Ausweitung des Angebots an „Value Added Services“ in Logistikzentren wird die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte inzwischen als wichtiger struktureller und zyklischer Faktor gewertet. Sowohl 2017 als auch in den beiden früheren Umfragen von 2013 und 2015 erreichte sie ein hohes Ranking. Metropolregionen bieten ein großes Angebot an Arbeitskräften. Hier sind die Chancen am höchsten, geeignete Fachkräfte zu finden. Die Verfügbarkeit von Fachkräften gehörte für alle Branchen zu den drei wichtigsten Kriterien; die höchste Priorität hat sie bei Kunden aus der Automobil- und Pharmabranche.
Technologische Innovationen spielen in unserer Branche eine immer größere Rolle und ebnen den Weg für optimierte Lieferketten und kürzere Lieferzeiten. Unter Lebensmittel-, Getränke- und Speditionsunternehmen werden sie dementsprechend hoch bewertet. Fasst man die Umfrageergebnisse für alle Branchen zusammen, nimmt Innovation – neben der Robotik – jedoch nur einen mittleren Rang ein. Aktuell sind es hauptsächlich die größten Warenlagerbetreiber, die in Robotertechnik investieren.
Wie schon in der Umfrage von 2015 wurde der Einfluss politischer Rahmenbedingungen auf die Standortwahl in den kommenden fünf Jahren nicht so hoch eingeschätzt. Nutzer von Logistikimmobilien haben einen langen Investitionshorizont. Die Nachfrage nach Warenlagern wird hauptsächlich durch die Modernisierung von Lieferketten und den Konsum angetrieben, so dass Standortentscheidungen eher von langfristigen Trends und weniger von kurzfristigen politischen Veränderungen beeinflusst werden.
Diese Faktoren prägen die Logistiklandschaft. Nutzer von Logistikimmobilien gehen entweder zur Konsolidierung oder Dezentralisierung ihrer Distributionsnetzwerke über. Diese neuen Trends bildeten den Ausgangspunkt für unsere nächste Fragestellung.
Nutzer legen den Schwerpunkt auf operative Effizienz
Die wichtigsten Kriterien für die Standortwahl sind die Nähe zu wirtschaftlichen Netzwerken und die Verfügbarkeit von flexiblen Arbeitskräften.
Nutzer von Logistikimmobilien wollen ihre Lieferketten optimieren und legen den Schwerpunkt dabei auf eine Steigerung der operativen Effizienz. Am wichtigsten ist für sie dabei, dass ihr Standort sich in der Nähe von großen Ballungsgebieten und Transportnetzwerken befindet , dicht gefolgt von einer guten Erreichbarkeit durch Kunden und Lieferanten. Der Zugang zu Kunden und Lieferanten kletterte vom sechsten (2015) bzw. siebten Rang (2013) auf Platz 3, was für den verstärkten Fokus auf eine effiziente Lieferkette spricht. In den vorherigen Umfragen wurde noch die Nähe zu wirtschaftlichen Netzwerken als Top-Kriterium angegeben.
Die Verfügbarkeit flexibler Arbeitskräfte ist ein weiterer Aspekt der operativen Effizienz, der für die Logistikbranche eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Angesichts des E-Commerce- Wachstums und des stetigen Rückgangs der Arbeitslosenzahlen stiegen die Verfügbarkeit und Flexibilität von Arbeitskräften vom vierten Rang (2015) in der aktuellen Umfrage von 2017 auf Rang 2. Die Anforderung an mehr Effizienz hat dazu geführt, dass behördliche Angelegenheiten vom achten Platz (2015) auf Rang 4 (2017) der Prioritätenliste gestiegen sind.
Auch Multimodalität – also der Zugang zu einer intermodalen Verkehrsinfrastruktur an Häfen, Flughäfen und Bahnknotenpunkten – kletterte in dem Ranking nach oben. 2013 und 2015 gehörte sie noch zu den am wenigsten wichtigen Kriterien. 2017 belegte der Zugang zu verschiedenen Formen des Güterverkehrs angesichts des stärkeren Fokus auf operativer Effizienz den siebten Rang.
Trotz steigender Mieten wurden die Immobilienkosten 2017 als weniger wichtig betrachtet als in den Umfragen von 2013 und 2015. Sie fielen von Rang 3 (2015) auf den fünften Rang. Die Verfügbarkeit von Entwicklungsflächen wurde in der aktuellen Umfrage von 2017 als das Kriterium genannt, das am wenigsten wichtig sei. Seit 2013 waren Fördermittel das Kriterium mit der geringsten Punktzahl – gemeint sind steuerliche Vergünstigungen und Subventionen, die ein Land oder eine Region den Unternehmen für einen Standortwechsel gewährt.
Die räumliche Nähe zu Ballungsgebieten und leicht zugänglichen Transportwegen war für alle Teilnehmer der Umfrage von 2017 wichtig. Dennoch weisen die Ergebnisse auf gewisse branchenspezifische Unterschiede in der Gewichtung hin. Die Verfügbarkeit und Flexibilität von Arbeitskräften etwa ist vor allem für Unternehmen der Bekleidungsbranche wichtig. Die Konsumgüter-, Automobil- und Pharmaindustrie legen den Schwerpunkt eher auf die behördlichen Gegebenheiten an einem Standort. Interessant ist auch, dass ausschließlich Pharmaunternehmen die Immobilienkosten zu den drei wichtigsten Kriterien für die Standortwahl zählten. In diesem Zusammenhang sollte bedacht werden, dass Pharmaunternehmen – um gesetzliche Auflagen zu erfüllen – umfangreichere Investitionen in ihre Logistikimmobilien tätigen müssen als Unternehmen aus anderen Branchen.
Trotz dieser branchenspezifischen Unterschiede verweisen die Umfrageergebnisse von 2017 insgesamt auf einen Trend hin zu Kriterien, die Kunden helfen, die operative Effizienz zu steigern. Gleichwohl werden Standortentscheidungen in einem breiteren wirtschaftlichen und politischen Kontext getroffen. Diesen Rahmenbedingungen haben wir uns im nächsten Teil unserer Umfrage gewidmet.
Vielfalt führt zu stabiler Nachfrage
Die europäischen Kunden von Prologis stammen aus ganz unterschiedlichen Branchen. Diese Vielfalt sorgt für eine ausgeglichene und stabile Nachfrage nach Logistikimmobilien.
Um zu verstehen, welche Kriterien die Nutzer von Logistikimmobilien bei der Wahl eines konkreten Standorts heranziehen, haben wir im ersten Schritt identifiziert, wer diese Unternehmen sind, in welchen Branchen sie tätig sind und wie ihre Lieferketten gestaltet sind.
„Keine Branche macht mehr als 12 % des europäischen Kundenstamms von Prologis aus.“
Dirk Sosef, Vice President, Research & Strategy Europe
Das erste Ergebnis unserer Portfolio-Analyse war, dass unsere Kunden in einer Vielzahl von verschiedenen Branchen tätig sind. Faktisch gibt es in unserem Kundenstamm keinen Sektor, der mit mehr als 12% vertreten ist. Das bedeutet: Wenn ein Sektor schrumpft, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein anderer wächst, so dass die Nachfrage nach Logistikimmobilien stabil bleibt.
Angesichts einer derart vielfältigen Gruppe von Nutzern wollten wir herausfinden, inwieweit sie bei der Standortwahl dieselben Prioritäten setzen oder wo diese auseinandergehen. Diese Fragen bildeten den Ausgangspunkt für unsere Zusammenarbeit mit eft.